Der Psychologe mit Namen Schulz von Thun hat eine ganz wichtige Alltagsbeobachtung in ein Erklärungsmodell gebracht: Dinge, die gesagt werden, können auf verschiedene Arten und Weisen wahrgenommen werden, unabhänig davon, was der Sagende wirklich gemeint hat. Oft deuten wir Aussagen z.B. je nach Erfahrungen, Wünschen oder Ängsten. Viele Konflikte können wir mit dieser Erklärung besser verstehen oder sogar auflösen.
Sein Modell heißt das „4-Ohren-Modell“ oder das „Organon-Modell“ und er hat im Jahre 1981 ein Buch darüber geschrieben: „Miteinander reden, Störungen und Klärungen“. Versuchen wir es kurz und bündig:
Jeder Satz kann verstanden (gehört) werden auf vier verschiedene Arten und Weisen:
- Sachmitteilung
- Selbstaussage
- Appell / Aufforderung
- Beziehungsebene
Nun mal ein paar Beispiele aus dem echten Schulleben und du siehtst, dass deine Reaktionen ganz unterschiedlich sein könnten.
Lehrer/in: „Du hast schon wieder eine 5 geschrieben.“
- „Du schreibst oft einen schlechten Vokabeltest.“
- „Ich finde es schade, dass du nicht so gut abgeschnitten hast. Ich weiß gerade nicht, wie ich dir helfen kann.“
- „Ich wünsche mir für dich, dass du ehrgeiziger bist und bessere Noten bekommst.“
- „Ich bin unzufrieden mit dir. Mich ärgert es, dass du in meinem Unterricht nicht besser lernst. Ich gebe wirklich mein Bestes und versuche immer, dich zu unterstützen.“
Mitschüler/in: „Man sieht deine Unterhose durch deine Leggins hindurch.“
- „Deine Leggins ist etwas durchsichtig, man kann die Unterhose dadurch sehen.“
- „Ich mag es nicht, wenn ich deine Unterhose sehen muss.“
- „Besorge dir eine andere, dichtere Leggins.“
- „Ich mag es nicht, wie du dich kleidest – das geht mir schon lange auf die Nerven.“
Aufgabe 1: Oben hast du zwei Sätze gelesen und je vier verschiedene Möglichkeiten, diese zu verstehen. Überlege dir für beide Sätze je vier passende Antworten - je nach dem, wie du die Sätze verstehen kannst. Hier ein Beispiel:
„Es ist kalt hier.“
- Sachebene: „Wir haben 20 Grad im Klassenraum.“
- Selbstaussage: „Mir ist nicht so kalt.“ oder: „Stimmt, ich friere auch“.
- Aufforderung: „Lass uns das Fenster schließen“ oder: „Zieh dir doch deinen Pullover an.“
- Beziehungsebene: „Was kann ich denn dafür? Immer nörgelst du herum.“
Aufgabe 2: Was meinst du? Wie kommt es, dass wir Sätze mal so oder mal so verstehen?